Implantatforschung

Die Implantologie ist in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde nicht mehr wegzudenken. Dennoch gibt es auch hier Bereiche, die wissenschaftlich noch Raum für Verbesserungsmöglichkeiten zulassen. Mögliche Unverträglichkeitsreaktionen zu Implantatmaterialien, Periimplantitis-Prophylaxe oder Minimierung implantatprothetischer Komplikationen sind in diesem Zusammenhang beispielhaft zu nennen.

In allen drei Gebieten ist unsere Klinik aktiv - zum Teil federführend - vertreten. Neben den von uns veranlassten europäischen Konsensuskonferenzen findet auch eine ständige Mitarbeit in Leitlinienkonferenzen der AWMF statt. Aktuell wurde so eine Leitlinie und Metaanalyse zu Verbundbrücken / Verbindung von Zähnen und Implantaten unter der Federführung der Uniklinik Berlin und Uniklinik Köln erstmalig in der Implantatgeschichte publiziert.

Keramikcoating von Titanimplantaten/ -materialien gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Diskussion hinsichtlich Periimplantits und Unverträglichkeitsreaktionen zunimmt. In der Vergangenheit haben wir hierzu bereits vielversprechende immunhistologische Studien durchgeführt - derzeit leiten wir eine tierexperimentelle Studie, die diese Zusammenhänge hinsichtlich der Periimplantitis-Prophylaxe näher betrachtet.

Eine weitere europäische Multicenter-Studie mit über 30.000 Patientendaten klärt derzeit, wie die Auswirkungen der Implantattherapie auf die mundbezogene Lebensqualität aussieht - in diesem Jahr steht die Auswertung der 12-Jahreserfassung an.

Implantateinheilung

Die Einheilzeit von enossalen Implantaten stellt heute immer noch ein Risiko für die optimale Rehabilitation des teil- oder unbezahnten Kiefers dar. Die klassische Einheilzeit von sechs Monaten im Oberkiefer und drei Monaten im Unterkiefer wird heute oftmals nicht mehr abgewartet. Vielmehr bestimmen die verschiedenen Operationsverfahren zum Aufbau des Kiefers die Wartezeit. Je länger die Einheilzeit der Implantate, desto größer ist das Risiko, dass durch die provisorische Versorgung die Implantate belastet werden und dann unzureichend einheilen.
Durch Modifikationen der Oberfläche und die Verwendung von bioaktiven Materialien soll die Einheilzeit auch bei ungünstigem Knochenangebot verkürzt werden.

Sofortbelastung

Die Sofortbelastung gehört schon heute in ausgewählten Indikationen zu unserem Therapiespektrum. Basierend auf den Erfahrungen im zahnlosen Unterkiefer werden Behandlungskonzepte entwickelt, die es auch erlauben, im teilbezahnten Kiefer und im Kauzentrum die Implantate sofort zu belasten.

Neben einer rationellen Implantatinsertion ist eine zeitnahe und kostengünstige Herstellung des Zahnersatzes notwendig. Dazu werden Implantatsysteme weiter entwickelt, um mit vorgefertigen Hilfsteilen die Versorgungen für die Sofortbelastung schnell zu erstellen.

Sinusbodenelevation

Die Augmentation des Kieferhöhlenbodens ist inzwischen ein routiniertes Verfahren in der zahnärztlichen Implantologie. In der Regel wird nach Anhebung der Sinusbodenschleimhaut ein Gemisch aus Knochenaufbaumaterial und/oder Knochen in den Hohlraum eingebracht, um für ausreichend lange Implantate ein festes Lager zu schaffen.

Da neben Knochenersatzmaterialien zu einer beschleunigten Heilung auch angereicherte Blutplättchen-Konzentrate in die Kieferhöhle eingebracht werden, wurde im August 2001 eine prospektive multizentrische Studie gestartet, um die Einheilbedingungen von drei Behandlungsgruppen zu vergleichen:

  • autologer Knochen
  • natürliches Knochenersatzmaterial auf Basis von Algen
  • natürliches Knochenersatzmaterial auf Basis von Algen mit Blutplättchen-Konzentrat
Distraktion

Modifikation der Distraktionsprotokolle, um die Knochenqualität im Rahmen der präimplantologischen Distraktionsosteogenese zu verbessern.

Die vertikale Distraktionsosteogenese hat sich seit 1997 als moderne Technik für die Verbesserung des knöchernen Implantatlagers etablieren können. In diesem Zusammenhang wird schon seit einiger Zeit von Arbeitsgruppen aus der orthopädischen Chirurgie darauf hingewiesen, dass Risikopatienten zum Beispiel nach Bestrahlung, im infizierten OP-Gebiet oder bei bekannter verzögerter Wundheilung nachhaltig von modifizierten Distraktionsprotokollen wie Kallusmassage, Distraktions-Kompressions-Technik und Dynamisierung profitieren. Derartige Modifikationen des Distraktionsprotokolls fanden bislang auf dem Gebiet der zahnärztlichen Chirurgie beziehungsweise Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie keinerlei Anwendung, obwohl positive Effekte für die Ausdifferenzierung des distrahierten Knochengewebes zu erwarten wären.

Die bisherigen Ergebnisse unserer Forschungen zeigen, dass unter Anwendung modifizierter Distraktionsprotokolle eine Verbesserung der Knochenqualität und der Segmentbreite zu erreichen ist. Hierbei scheint der Zeitpunkt der Massage/ Kompression von entscheidender Bedeutung zu sein. Weitere experimentelle Untersuchungen sind in Planung, um Zeitpunkt, Ausmaß und Rhythmik genauer zu definieren.